PresseZwischen Anarchie, Kirche und CSU

Das Hohenloher Tagblatt über die Lesung von Christoph Biermeier

Christoph Biermeier unterhält am vergangenen Freitag in Crailsheim. In der „Galerie Jetzt!“ liest er aus seinen „Beichtgeheimnissen“

„Weißt du eigentlich, wer mein Onkel Sepp ist?“ Mit diesem Satz beginnt die Gedankenreise von Christoph Biermeier in seine Vergangenheit, die schließlich zum Erzählband „Beichtgeheimnisse“ wurde. Onkel Sepp, das ist für den ehemaligen Intendanten der Haller Freilichtspiele Joseph Ratzinger, der 2022 gestorbene Papst Benedikt XVI. Erzählt hat Biermeier die Geschichten dahinter seinem Verleger Matthias Slunitschek, der ihn dazu animierte, selbige zu Papier zu bringen. „Ich habe Tränen gelacht“, blickt Slunitschek, der auch das Lektorat übernommen hat, am vergangenen Freitag in seiner kleinen Begrüßungsansprache auf die Entstehungsgeschichte des Buches zurück.

Biermeier nimmt auf der kleinen improvisierten Bühne in der „Galerie Jetzt!“ Platz, umgeben von den ausgestellten Werken von Künstlern aus der Region. „Ich finde diese Galerie zauberhaft und wunderbar und ich hoffe, wenn sie zumacht, poppt gleich die nächste auf”, so der Autor, während er sich gemütlich einrichtet. „Ich will Sie heute Abend für kurze Zeit in eine andere Welt entführen“, verspricht er und blickt mit viel Humor zurück auf die Heimat seiner Kindheit. Im hintersten Winkel des Bayerischen Waldes, zwischen der österreichischen Grenze und dem Eisernen Vorhang, im Spannungsverhältnis zwischen bajuwarischer Anarchie, Katholischer Kirche und der CSU setzt Biermeier die Szenen, vor deren Hintergrund sich die Akteure seiner Erzählungen bewegen.

Drei Geschichten liest Biermeier an diesem Abend. Dabei machen die Zuhörerinnen und Zuhörer Bekanntschaft mit dem recht bibelfesten Personal eines bayerischen Dorfs, das in der Kirche zugleich Heimat und Feind findet, in spitzbübischer Manier den Alltag bewältigt und mit seiner schlagfertigen Herzlichkeit immer wieder zum Schmunzeln anregt. Der leicht dialektgefärbte Zungenschlag des Autors beim Vorlesen macht den Blick von außen, aber vor allem den in die Köpfe der Akteure zum Hörvergnügen. Da macht man sich auch vergnüglich mit auch die Reise nach Rom, wo eine Haushälterin auf den Papst trifft, der seine Heimat mehr im Kaiserschmarrn als in der Kirche findet. Die Kunst, die er dabei beherrscht, ist, in der Einfachheit der Geschichten einen Spannungsbogen aufzubauen, der das Publikum bei der Stange hält und mit der Pointe am Ende immer wieder überrascht. Dazu trägt sicher auch bei, dass die Charaktere, obwohl erfunden, doch irgendwie bekannt sind und leicht auch aus dem Hohenlohischen stammen könnten. So wird der Autor an diesem Abend vom Vorleser zum Geschichtenerzähler, der die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinem ganz persönlichen Vergnügen ansteckt und ihnen so einen kurzweiligen Abend beschert.

Von Julia Vogelmann

„Ich habe Tränen gelacht.“